MIRANDA SLRs        Miranda
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                                                                           update 4. Feb 2024                                   
 

Ihnen sagt Miranda bloß als Frauenname aus Sex& the City etwas, aber nicht in Zusammenhang mit Fotoapparaten?

Kann schon passieren, denn diese Firma gibt es seit fast 30 Jahren nicht mehr, baute aber in den späten 1950'er Jahren mit die ersten, und besten japanischen SLR Cameras. Insbesondere in den 1960'er Jahren war man im amerikanischen Markt sehr erfolgreich und konkurrierte auf gleicher Augenhöhe mit PENTAX, NIKON, MINOLTA, ZUNOW und TOPCON... und nicht zu vergessen, die Deutschen SLR-Hersteller
IHAGEE, PENTACON, PRAKTICA, VOIGTLÄNDER  und ZEISS-IKON.

RE_03

Die MIRANDA Sensomat RE wurde um 1972 herum gebaut und war eine der letzten Mirandas - und meiner persönlichen Meinung nach, zusammen mit der schwarzen Miranda-G von 1965 die schönste Miranda... und zusammen mit der Original Asahi-Pentax von 1957, der Deutschen Rolleiflex SL-350  und vielleicht noch der Pentax MX eine der schönsten jemals gebauten SLRs.... jedenfalls ein excellentes Beispiel harmonischen, zeitlosen Designs - alles ist "rund"... Eine vollmechanische SLR ohne Belichtungsautomatik, mit Verschluß von 1-1/1000s und B und eingebauter TTL-Belichtungsmessung. Leider nur Arbeitsblendenmessung - das ist zu jenen Tagen schon recht angestaubt! Dafür war das 1.4/50mm Objektiv ganz neu - von der kritischen (nicht immer kompetenten) Deutschen "Stiftung Warentest" seinerzeit mit "Sehr Gut" getestet - als einziger Achtlinser unter den lichtstarken Standardobjektiven aller namhafter Hersteller jener Tage natürlich ein bißchen länger und schwerer (296g) als z.B. ein Super-Takumar 1.4/50...

1.8-50
1.4-50
Auto-Miranda 1.8/50 - schöner klassischer Gauss-Typ
Auto-Miranda 1,4/50 - ebenfalls Gauss, aber ein Achtlinser!

Die Camera ist überaus solide konstruiert und hochfein verarbeitet. Kein Stückchen Plastik stört das Bild! Obwohl die Objektive vom Finish in dieser Klasse nicht ganz mithalten können - aber immerhin noch besser sind als das was man heute gewohnt ist von namhaften Marken!
Übrigens baute Miranda Objektive nicht selbst, sondern setzte auf Zulieferer: Zunächst Zunow, Ofunar, Arco, später auch Tamron und Kowa, hauptsächlich aber Allimatsu Corporation (Tokyo), die ebenso wie Miranda (ab den späten 60'ern) zum amerikanischen AIC Allied Impex-Konzern gehörte, und parallel dazu Objektive der AIC-Hausmarke Soligor (heute eine Deutsche GmbH) fertigte. Doch dazu mehr später, jetzt zurück zur Camera: Es gibt einige Cameras mit zwei Objektivanschlüssen - aber diese ist die einzige die ich kenne die gleich drei davon besitzt: ein Innen-, ein Außenbajonett (darüber werden meine Objektive angeschlossen) und noch dazu ein 44mm Schraubgewinde!

Als weitere Besonderheit, heute würde man sagen unique selling point,  besitzt die MIRANDA - ausser dem Auslöser auf der Vorderseite (wie bei einer PRAKTICA) - einen auswechselbaren Prismensucher ! Dessen Form und Belederung huldigt der EXAKTA VAREX (1952) - der ersten Kleinbild-SLR mit wechselbaren Suchern. Neben dem Prisma waren vier weitere Sucher lieferbar. Anders als bei den Profi-Cameras Nikon F2 und Canon F-1 dieser Zeit, bleibt die TTL-Messung erhalten beim Sucherwechsel, da die Meßzellen (3 CdS-Zellen) unter dem teildurchlässigen Spiegel liegen, was einen genau definierten Meßbereich ermöglicht. Ein hochmodernes Konzept! Auf dem Bild sieht man links das Zeigerinstrument.
 
RE_prism

TTL Messkonzept

Die Mattscheibe besteht aus hellen Fresnell-Ringen - heller als eine gewöhliche Mattscheibe - und ist eine hervorragende Einstellhilfe. Dieser aufwandig gemachte und gut abgedichtete Wechselsucher ist dafür verantwortlich dass die Camera (ohne Objektiv) 676g wiegt - was aber angenehm in der Hand liegt und ein solides Gefühl vermittelt, ohne dass man glaubt ein Schwergewicht in der Hand zu haben wie bei manchen deutschen SLRs dieser Zeit.

Außerdem besitze ich noch ein 25mm Weitwinkel zu dieser Camera, nicht übermässig groß, 264g, von dem es wohl nicht allzuviele Exemplare gibt. Umfangreiche Tests stehen noch aus - aber ich erwarte keine schlechten Leistungen...

25mm
Trotz dieser Features ist diese Camera kompakter als ihr Hauptkonkurrent zur Zeit der frühen Siebziger - die PENTAX Spotmatic, die ihr zu jener Zeit allerdings die Offenblendmessung voraus hat, und mit 630g ebenfalls kein Leichtgewicht ist. In der Verabeitung schlägt sie die in Hunderttausenden von Stück gebaute Spotmatic um Längen! Zudem findet man heutzutage fast keine Spotmatic mehr die pfleglich behandelt aussieht - ehemaliges Profi- und Studentenwerkzeug - während das bei den MIRANDA die Regel war - ein kommender Klassiker!

RE vs. Spotmatic

Das Objektivprogramm um 1972 herum (alle Auto-Miranda geheissen im Unterschied zum Auto-Miranda M; diese hatten eine Blendeneinstellung "EE" für Blendenautomatik) reicht vom 25mm bis zum 200mm.
Die Auszüge sind aus der Original-Bedienungsanleitung, einem ausführlichen Machwerk mit 56 Seiten, dessen Titelbatt unzweifelhaft noch einige mehr Objektive zeugt, die aber weiter hinten im Text nicht vorgestellt werden.

Ein Diagramm des 25mm Weitwinkel findet sich hier übrigens nicht; dafür aber auf dieser Website. Die Ähnlichkeit mit dem Zeiss Distagon 2.8/25mm ist derart auffällig, dass man die Abbildung in wichtigen Broschüren vielleicht nicht ganz zufällig wegliess...
Desweiteren werden weitere Objektive dieser Serie abgebildet, die es vermutlich in gleicher Bauweise auch als Soligor gab: 17mm f/4 und 21mm f/3.8, 180mm f/2.8, 300mm f/5.6,
250mm f/4.5, 55mm f/3.5 Macro und 90-230mm f/4.5 (das erste Zoom von Miranda gab es schon 1962!)



Das Ende
Die technische Entwicklung der SLR die MIRANDA in den 50'ern und 60'er Jahren mit vorangetrieben hatte, überrollte jetzt die kleine Firma. Camerafirmen mussten umstellen.
Das letzte großartige Neudesign von Miranda war 1971 das Spitzenmodell Autosensorex-EE (mit TTL-Spotmessung und mechanisch gesteuerter Blendenautomatik). Die mit mechanischen Cameras mögliche technologische Spitze war damit erreicht. Die Camera wog 100g schwerer und war auch höher als die hier vorgestellte. Bezogen auf die Eigenschaften kompakte Größe, Zuverlässigkeit und Herstellungskosten waren diese Cameras für alle Hersteller grenzwertig - für die Benutzer auch hinsichtlich Komplexität und Bedienbarkeit! Deutschland war auf diesem höchst-erreichten mechanischen Niveau (mit der vielleicht rühmlichen Ausnahme Voigtländer Ultramatic) schon gar nicht mehr im Rennen.

Miranda Auto
          Sensorex EE (chrome) 1971 --> LINK

Weiterer
Fortschritt in jeder Hinsicht war jetzt nur durch Einbau von Elektronik möglich. Pentax, Nikon, Canon, Minolta und Yashica arbeiteten mit Nachdruck daran. Rein mechanische Cameras liessen sich nur noch mit gewaltigen Preisabschlägen verkaufen, wurden zu teuren Sauriern. Japan war kein Billiglohnland mehr. Dieses Rennen wurde nicht aus Freude an komplizierter Technik geführt sondern im Gegenteil, um komplexe Technik zu vereinfachen. Und es war bitter klar: wer nicht mitkam, war des Todes. Die kritischen Jahre dafür waren 1971-1973.

Die amerikanische Allied Impex Corp., schon lange Miteigentümer, hatte Miranda nun zu 100% übernommen. Der Gründer-Präsident musste 1969 seinen Hut nehmen. Selten ist so etwas gut für eine innovative Company... AIC - übrigens fast eine deutsche Company; ihre Eigentümer waren vor dem Nazi-Regime geflohene Deutsche Juden -- investierte in billige Point & Shoot Cameras (Pockets), doch ohne Erfolg. Die Stimmung bei AIC USA und wahrscheinlich auch in Japan war miserabel, obwohl man wie besessen arbeitete um den Untergang aufzuhalten.
Vielleicht fehlte es an Know-How, vielleicht auch nur an Kapital zur Umstellung. Trotzdem entwickelte man weiterhin die komplete Camera selbst während Canon, Nikon, Yashica und Konica elektronisch gesteuerte Verschlüsse von Copal (Copal SE) zukauften.

Das Elektronik-Modell dx-3 - kompakt wie die gleichzeitig herausgekommene CANON AE-1 - kam im April 1975 unausgereift (aber trotzdem zu spät) auf den Markt. Man hatte eine Elektronik-Generation - die klobigen mechano-elektrischen Automaten a la Canon EF, Nikkormat EL, Pentax ES - übersprungen. Im Falle von Miranda ging das schief. Schon vorher hatte es Qualitätsprobleme gegeben - nun brachen die Garantie-Rückläufe, die einen Großteil der ausgelieferten dx-3 Modelle betrafen (angeblich wurden fast 55.000 Stück gebaut), der Firma finanziell das Genick.

CANON dagegen hatte Glück - Ihr Modell AE-1 erwies sich als unbedingt zuverlässig und rettete die ebenfalls schwer angeschlagene Firma.
Miranda expandierte in Verzweiflung in mehrere Richtungen, verzettelte sich, baute die Sensorex gar in M42-mount - als sein jahrzehntelanger Mentor und Motor PENTAX dieses schon aufgegeben hatte... Managementfehler... am 10. Dezember 1976 erklärte MIRANDA Camera Co. Ltd. in Tokyo den Bankrott. Angeblich 800 Mio USD Schulden ! Es wurde auch zum Ende von AIC. Als einzige blieb aus dem AIC-Konzern der Objektivhersteller SOLIGOR übrig, der verkauft werden konnte. Die MIRANDA Restbestände an Cameras und Zubehör wurden unter dem SOLIGOR-Namen ausverkauft...

Nicht nur Zeiss-Ikon und Voigtländer sind zugrunde gegangen - auch japanische Firmen mussten dem technologischen Fortschritt und den Verrücktheiten des Marktes ihren Blutzoll entrichten...

weitere Miranda Seiten:

Private Miranda Seite von Bill Hoffman      http://www.geocities.com/bill14210/index.html
Miranda Historical Society                         http://www.mirandacamera.com/


Cameras aus Dresden:

EXAKTA Seite                                         http://www.exakta.org/
Dresdner Kameras                                     http://home.zugang.net/Petermann/kameras.htm


Historie: Die SLRs der späten 50'er Jahre  (Pentax und Miranda)
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