Canon 19mm f/3.5 Ultraweitwinkel 1964            English version

by Frank Mechelhoff                 Neu Februar 2023

Canon 19mm f/3.5 at Canon
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Das CANON 1:3.5 19mm war die letzte Neuerung im Objektivprogramm für die CANON RANGEFINDER Cameras (Leica Screwmount, M39 bzw. LTM genannt).
Die Cameras wurden bis 1968 verkauft, die Objektive teils noch bis 1975.
Das 19mm Objektiv kam 1964 auf den Markt und machte damit dem RUSSAR MR-2 20mm f/5.6 (1958) den Titel um das weltweit weitwinkligste Kleinbildobjektiv abspenstig.

Canon 19mm f3.5 @ Canon
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Canon 19mm f/3.5 Rangefinder Lens - Diagram Die Konstruktion des Canon 19mm f/3.5 besteht aus 9 Elementen in 7 Gruppen und war damit für die Zeit ziemlich komplex. Es dürfte das erste für eine Meßsuchercamera gebaute Retrofocusobjektiv gewesen sein. Zeitgleich kam das Objektiv in einer anderen Fassung mit kürzerem Vordergehäuse für SLR heraus, das Spiegelvorauslösung und ebenfalls einen Extra-Sucher erforderte. Es scheint, zumindest am Anfang, zwei verschiedene Sucher gegeben zu haben, wobei der Sucher des Objektivs mit Leica-Anschluss minimal kürzer war. Jedoch bekamen beide Objektive dieselbe Art Tasche spendiert.
Mit 200g Gewicht, 30.5 mm Baulänge und 55 mm Filter war es angenehm kompakt. Anders als bei anderen Ultraweitwinkeln war die Bedienung mit vorne liegendem Blendenring mit Clickstops wie bei einem Standardobjektiv. Auch der schwarz-silberne Stil mit geriffeltem Fokusring (wie beim 35/1.5 und 50/1.2 von 1956 oder dem 50/1.4 seit 1959) war ganz standardmäßig (die letzten sechs Neuerscheinungen seit 1960 waren komplett schwarz gewesen).
Der Originalpreis betrug 40.100 ¥, war also 20% teurer als das vorherige weitwinkligste Canon  25mm f/3.5 von 1956 mit 32.500 ¥.
Umgerechnet auf heutige (2023) Euro Preise 1.270 € zzgl. Steuern. Im Vergleich dazu kostete das hochlichtstarke 50/0.95 57.000 ¥, was heute 2.170 € entspricht.
Canon FL 19mm f3.5
Canon FL R 19/3.5. Das erste superweitwinklige CANON für SLR ohne Spiegelvorauslösung (R für Retrofocus) kam bereits ein Jahr später und war mit 500g Gewicht, 82 mm Durchmesser und 68 mm Länge wesentlich größer und voluminöser. Der Originalpreis war annähernd gleich (45.000 Yen).

Designer beider Objektive war Shuujo Koyanagi, der in den 1960'ern zahlreiche Weitwinkel- und Filmobjektive entwickelte und einige auch patentierte.

Das Russar war dageben ein rechte einfach aufgebautes, absolut symmentrisches Weitwinkel (6 Linsen/ 4 Gruppen). Außerdem gab es seit 1954 das BIOGON 21/4.5 der Firma CARL ZEISS (West), dieses war nicht ganz symmetrisch, hatte vor der Blende eine Sammellinse mehr. Zur LEICA bekam man seit 1958 ein durch J. SCHNEIDER hergestelltes Super-Angulon 21 f/4, seit 1963 dann ein verbessertes 21mm f/3.4, ebenfalls fast symmetrisch. Von NIKON gab es ein 21 f/4, sowohl in S-Mount (für die Nikon S3/SP) als auch für die Nikon F (mit Extrasucher und Spiegelvorauslöung). Das Nikon Objektiv war fast völlig symmetrrisch, die von Schneider waren annähernd symmetrisch.

Biogon 21mm f4.5 Design
Russar
              20mm f5.6 Design
S-Angulon 21mm f/4 Design
Nikkor-O 2.1cm f/4 - Design
S-Angulon 21mm f3.4


Allen diesen frühen Superweitwinkeln ist gemein, dass sie sehr tief in die Camera hineinragen, was zu Problemen und Beschädigungen führen kann, wenn man beim Versuch sie zu montieren nicht vorsichtig ist. Die Hinterlinse ist jeweils sehr nah am Film, bei modernen Cameras am Sensor, und der optische Austrittswinkel damit sehr schräg. Dies hat verstärkten Lichtabfall und Farbverschiebung nach Blau/Violett zu den Ecken hin zur Folge (bei den neuesten und teuersten Sensoren etwas weniger). Das Canon 19mm f/3.5 ist als Retrofocusdesign nicht ganz so tief wie die anderen hier genannten und hat auch einen schmäleren Tubus, der weniger leicht aneckt. Bestimmte CANON Cameras für 35mm Film wie die CANON 7 sind mit Fremdobjektiven auch etwas kritisch, weil Lichtschächte deren hereinragende Breite begrenzen.
Das Canon 19mm f/3.5 in LTM passt jedoch auf moderne Cameras (ausprobiert mit LEICA M240 und SIGMA FP-L).
An der SIGMA FP-L hält sich die Farbverschiebung in Grenzen, erstaunlicherweise auch das Flare bei Gegenlicht, es lassen sich sogar Sonnensterne produzieren. Jedoch ist der Schärfeabfall zu den Rändern bei offener Blende sehr deutlich, bei f/8 geringer. Chromatische Aberration ist wenig ausgeprägt.
Der Sucher hat keine Leuchtrahmen, ist solide verarbeitet und optisch recht gut, auch von den Abmessungen annehmbar und nicht zu groß. Natürlich sind die neueren Voigtländer Sucher mit Plastikgehäusen etwas leichter, heller und praktischer (21mm ohne Rahmen dürfte gut hinkommen), verzeichnen aber auch mehr.

Produktion

19mm f/3.5 Typ 1
SN 10016 - SN 11284
1.268
1964-08
1970-12
CANON LENS 19mm 1:3.5   No. Xxxxx  Canon Camera Co. Inc. LENS MADE IN JAPAN
19mm f/3.5 Typ 2
SN 12003 - SN 12296
293
1971-01
1975-03
CANON LENS 19mm 1:3.5   Xxxxx   CANON   LENS MADE IN JAPAN


1.561


Gesamtsumme 980 gemäß Randol Hooper (LHSA)

Canon 19mm f/3.5 on Leica M240

Canon 19mm w. Cap and
            Bag
Mit Originaldeckel vorne und hinten und Ledertasche, die auch ein Fach für den Sucher hat.

Canon 19mm f/3.5 focussing

Das CANON 19mm f/3.5 fokussiert bis 0.6 m; bei ca 1.0 m zeigt ein leichter Klickstop das Ende der Kupplung mit den Messucher an.

Quellen:

Miyazaki Yōji (宮崎洋司) (キヤノンレンジファインダーカメラ) / Canon Rangefinder Camera. Tokyo: Asahi Sonorama, 1996

Randol Hooper: The Other 35. The Screwmount Canon Lenses, Article Series for LHSA, 1992-1993

Canon Camera Museum

Peter Kitchingman, Canon M39 Lenses 1939-1971. A Collector's Guide, 2008

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